BERLIN. Laut einer Liste, die auf Enthüllungen des ÖRR-Blogs und des X-Users „Critical Cat“ beruhen, haben die öffentlich-rechtlichen Sender in diesem Monat bereits in mindestens 90 Fällen Interviews mit Politikern, eigenen Mitarbeitern und Verbandsfunktionären verbreitetet, ohne den Zuschauern dies kenntlich zu machen. Sie kamen als normale Passanten zu Wort.
Laut der Auswertung, die der X-Account „JuWeiMa“ veröffentlichte, spielten sich 52 Prozent dieser Vorfälle auf Anti-AfD-Demos ab. Insgesamt seien in diesem Monat die inkognito auftretenden Personen zu 42 Prozent Mitglied der Grünen und zu 27 Prozent Sozialdemokraten – also mehr als zwei Drittel.
ARD interviewt Türken-Funktionär inkognito
Besonders krasser Fall: Im ARD-„Bericht aus Berlin“ kam am 21. Januar der Chef der nationalistischen „Türkischen Gemeinde zu Berlin“, Bekir Yilmaz, zu Wort. Der Zuschauer erfuhr jedoch nichts über den Hintergrund des vermeintlichen Protestlers gegen die AfD. Yilmaz ist auch eingeschriebenes SPD-Mitglied. Yilmaz und die Türkische Gemeinde zu Berlin sind in den vergangenen Jahren immer wieder mit Haßparolen gegen Kurden und Armenier aufgefallen.
Laut der „JuWeiMa“-Liste ist Yilmaz auch „Präsident des Dachverbandes der Grauen Wölfe“ – der laut Verfassungsschutz größten rechtsextremen Organisation in Deutschland. Die JUNGE FREIHEIT fand dafür keine Bestätigung.
Vorgestellt hat die ARD Yilmaz, einen glühenden Erdogan-Unterstützer, lediglich mit dessen Namen und dem Zusatz „deutsche und türkische Staatsbürgerschaft“. Der „Bericht aus Berlin“-Moderator Matthias Deiß fragte zuvor, dramatisch und betroffen in die Kamera blickend: „Was macht das, was da in Potsdam diskutiert wurde mit jenen, über die da gesprochen wurde und die seit Jahren schon mit Sorge auf die wachsenden Umfragewerte der AfD schauen? Mitbürgerinnen und Mitbürger mit Migrationshintergrund in Deutschland.“
Direkt im Anschluß an diese Worte durfte Yilmaz am Rande der Anti-AfD-Demonstration vor dem Brandenburger Tor sagen: „Viele andere Menschen aus der jüngeren Generation machen sich einen Kopf und haben schon Angst: Vielleicht sollten wir, bevor irgendetwas passiert, selbst, freiwillig gehen.“
Es entsteht das Bild eines bemitleidenswerten Migranten, der Angst vor der „Deportation“ durch die AfD hat. Dabei verbreitet Bekir Yilmaz vor allem bei Armeniern in Deutschland Angst und Schrecken.
Auch Bauernproteste und Klimawandel betroffen
Weitere 20 Prozent der Interviewpartner von ARD und ZDF, deren politischer Hintergrund nicht kenntlich gemacht wurde, betreffen laut der Aufstellung Teilnehmer der Bauern-Proteste, und bei 15 Prozent handelt es sich um Beiträge zum Klimawandel.
Besonders häufig seien unter den Formaten des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, die den politischen Hintergrund ihrer Interviewpartner verschweigen, laut der Liste die Sendungen „Klimazeit“, „Tagesschau“, „Lokalzeit“ und die Berlin-Brandenburger Anstalt RBB.